Das Siegener Behandlungskonzept
Eines der sichersten Konzepte der Welt!
Den sogenannten Restlochverschluss gibt es bei den Kindern, die von Anfang an behandelt worden sind, nahezu nicht (<1%)! Weltweit ist keine größere Erfolgssicherheit beschrieben.
(Der Durchschnitt bei Restlöchern / Restspalten liegt bei 5-70 %, je nach Untersuchung).
Am Anfang steht ein Beratungsgespräch.
Falls dies schon vor der Geburt erfolgt, ist die vorgeburtliche Diagnose des Kindes aufgrund der Ultraschalluntersuchungen Grundlage der Beratung.
Besprochen werden:
- die Ursachen, die Auswirkungen, der Umfang der Fehlbildung
- der Ablauf der Behandlung, begonnen mit der ggf. notwendigen Mund-Nasen-Trennplatte (auch Trinkplatte oder Gaumenplatte genannt, vor Ort hergestellt von https://www.flemming-dental.de/labor-siegen/ ), über die gezwungenermaßen notwendigen chirurgischen Schritte im ersten Lebensjahr und über die eventuell notwendigen chirurgischen Schritte in den dann folgenden 15 Jahren.
- die Intervalle der Kontrolluntersuchungen und deren Kombinationsmöglichkeiten mit den Logopäden, unserer Psychotherapeutin, mit der Ärztin aus dem SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum)
- die Ernährung des Kindes nach Geburt, die Möglichkeiten den Milchfluß zu fördern, um dem Wunsch, das Kind stillen oder zumindest an der Brust ernähren zu können, näher zu kommen.
- der Grad der Behinderung und der Pflegegrad, der je nach Ausprägung des Befundes dem Kind zusteht.
Falls das Gespräch erst nach der Geburt erfolgt, wird die Beratung natürlich dem Untersuchungsbefund entsprechend angepasst (grundsätzliche Inhalte siehe oben)
Zusätzlich:
- Falls erforderlich kann die Abdrucknahme zur Anfertigung einer Mund-Nasen-Trennplatte erfolgen. Die Anfertigung bei unserem regional ansässigen Partner, www.flemming-dental.de/labor-siegen/ dauert ca. 4 Stunden, so daß bei frühzeitiger Abdrucknahme die Platte am selben Tag fertig ist und eingesetzt werden kann.
- Falls gewünscht können der/die OP-Termin/e geplant werden.
- Dauer eines solchen Gesprächs: selten weniger als eine Stunde, es soll ja auch Zeit sein, Fragen zu beantworten.
So geht es weiter:
Im Weiteren folgen alle ca. 6-8 Wochen eine Kontrolluntersuchung, die in Kombination mit einer unserer Logopädinnen/ Logopäden und/oder mit unserer Psychotherapeutin erfolgen kann. Auch bietet sich die Möglichkeit, die MNT-Platte im Bedarfsfall neu anzufertigen.
Aus oben genannter Untersuchung kann der Rat ergehen, das Kind mit einer frühen oro-fazialen (mund- und gesichtsmotorischen) Stimulationstherapie zu behandeln (z.B. mit einem Therapiekonzept nach Castillo-Morales), um es in seinen Funktionen zu unterstützen und zu fördern.
Die Betreuung des Kindes hier in der Kinderklinik ist kindgerecht und erfolgt durch Kinderkrankenschwestern. Die Unterbringung ist regelmäßig in Elternteil-Kind-Zimmern. Häufig ist es möglich, in individueller Absprache und je nach Belegung der Station, dass das zweite Elternteil auch mit im Zimmer schlafen kann.
Je nach Diagnose erfolgt während des stationären Aufenthaltes auch die Einlage von Paukenröhrchen durch unsere Fachärzte für HNO-Heilkunde.
Bei Kindern mit vollständiger Lippen-, Kiefer-, Gaumen-, Nasenfehlbildung (sog. LKG-Spalte) erfolgt die Bildung des weichen, des harten Gaumens, des zahntragenden Fortsatzes (Kiefer) und der inneren Nase (Nasenboden, Verbindung mit der Nasenscheidewand) zu diesem Zeitpunkt. OP-Dauer: ca. 3-4 Stunden, anschließend werden die Kinder auf der Säuglingsintensivstation bis zum nächsten Morgen überwacht. Es ist der sicherste Ort nach dem OP-Bereich und es ist die effektivste Schmerztherapie möglich. Danach erfolgt die Verlegung zurück auf die Normalstation. Die Magensonde, die das Füttern unmittelbar nach der Operation möglich macht, soll dann schnellstmöglich entfernt werden, da das Kind durch den Mund ernährt werden darf und soll. Eine dauerhaft bleibende Magensonde gibt es nicht, auch werden die Kinder oder die Arme der Kinder nicht fixiert.
Die Dauer des Aufenthaltes ist ca. 7-8 Tage. Vor Entlassung wird die Verbandplatte, die zum Schutz des Gaumens am Ende der Operation eingenäht wird, entfernt. Danach kann bei Wohlbefinden – das ist meistens so – das Kind nach Hause entlassen werden.
Bei Kindern mit einer Segel-, Gaumen- und Vomerfehlbildung (sog. Gaumenspalte) ist das chirurgische Vorgehen und der geplante eine Krankenhausaufenthalt identisch, nur umfaßt die Operation nicht den zahntragenden Fortsatz (Kiefer), da dieser ja intakt ist.
Bei Kindern, die ausschließlich eine Lippen- und Nasenfehlbildung (sog. Lippenspalte) haben, erfolgt zu diesem Zeitpunkt die Ausformung der Lippe und der Nase. Die OP-Dauer beträgt ca. 2,5 – 4 Stunden (je nach Ausprägung – einseitig, beidseitig usw.). Das Kind bekommt keine Magensonde, die Überwachung auf der Intensivstation ist nicht notwendig. Das Kind kann direkt oral gefüttert, falls es bis dahin gestillt wurde, auch angelegt werden. Auch nach dieser Operation werden die Kinder bzw. die Arme der Kinder nicht fixiert. Das Nahtmaterial im sichtbaren Bereich der Haut wird am 5.-7. Tag nach OP in einer kurzen Maskennarkose wieder entfernt. Anschließend kann das Kind in die häusliche Pflege entlassen werden.
Für alle Kinder gilt, es findet eine erste postoperative Kontrolle nach ca. 14 Tagen statt.
Eine zweite Operation ist bei allen Kindern mit einer vollständigen LKGN-Fehlbildung notwendig und bei den Kindern mit einer Lippen-, Kiefer- und Nasenfehlbildung, bei denen die beiden Kieferfortsätze weit voneinander versetzt stehen, der Nasenboden weit offen ist und die Fehlbildung bis deutlich auf die Gaumenseite reicht.
Dieser zweite Eingriff erfolgt in aller Regel ca. 8-10 Wochen nach der ersten Operation. Inhalt des Eingriffes ist die Ausformung der Lippe, der Nase und des Mundvorhofes. Letzter ist bedeutend bei der Beweglichkeit der Oberlippe und läßt sich besonders gut ausformen, wenn – wie in der ersten Operation geschehen – der Kieferfortsatz vom Nasenboden bis zum Zahnfleich vollständig nachgebildet ist.
Alles Weitere entspricht dem oben Beschriebenen.
Das Vorgehen in zwei Schritten und das Operieren von innen nach außen unter vollständiger Nachbildung sämtlicher das knöcherne Grundgerüst (Kiefer und Gaumen sowie Nasenboden) bedeckenden Weichgewebe führt in mehr als 50% der Fälle zu einer ausreichenden knöchernen Ausheilung von Kiefer und Gaumen, so daß dann keine weitere Knochentransplantation zu einem späteren Zeitpunkt notwendig ist.
Auch nach diesem zweiten Krankenhausaufenthalt erfolgt eine erste postoperative Kontrolle nach ca. 14 Tagen.
Nun ist die sogenannte chirurgische Primärbehandlung abgeschlossen. Das heißt aber nicht, daß das Kind keiner weiteren Behandlung bedarf. Wichtig ist nun zu kontrollieren, daß das Kind sich gut entwickelt und normale Funktionen in den operierten Bereichen entstehen. Insbesondere ist dabei auf die Funktion der Zunge zu achten, da diese bislang niemals eine normale Umgebung hatte, aber seit der 9. Schwangerschaftswoche aktiv ist, sich somit vielfach falsche Bewegungsmuster eingeprägt haben.
Eine weitere Kontrolle erfolgt nach ca. 3-4 Monaten, bei Bedarf
- mit den Logopädinnen/en zum Erheben des aktuellen Befundes der Mundmotorik, der Sprach- und Sprechentwicklung
- mit einer spz-ärztlichen Untersuchung zum allgemeinen Entwicklungsstand des Kindes
Aus oben genannter Untersuchung kann der Rat ergehen, das Kind mit einer frühen oro-fazialen (mund- und gesichtsmotorischen) Stimulationstherapie zu behandeln (z.B. mit einem Therapiekonzept nach Castillo-Morales), um es in seinen Funktionen zu unterstützen und zu fördern, wie auch schon ganz am Anfang beschrieben.
Vierteljährlich sollen hno-ärztliche Untersuchungen stattfinden, um die Lage und die Funktion der Mittelohrdrainagen und die Hörfunktion zu prüfen. Diese Untersuchungen können zuhause vor Ort stattfinden, da dieser Nachuntersuchungsrhythmus ein kürzerer ist, als bei uns an der Klinik.
Langfristige Kontrollen werden nunmehr jährlich stattfinden (Inhalt s.o.).
Funktionstherapie sollte je nach Bedarf erfolgen. Logopädische/ mund-motorische Behandlung kann und soll – wenn möglich - wohnortnah stattfinden, da sie häufig sehr langfristig erfolgen muss.
Eine kieferorthopädische Untersuchung/ Behandlung ist in aller Regel erst mit dem beginnenden Zahnwechsel notwendig.
Je nach funktioneller Entwicklung des Kindes kann es notwendig sein, daß eine sprechverbessernde Operation (Velopharyngoplastik bei offenem Näseln) notwendig ist (ca. 5% der Kinder). Darüber wird gezielt im Alter von 5 Jahren nachgedacht, damit falls erforderlich, das Sprechen zum Zeitpunkt der Einschulung verbessert ist.
Im Alter von ca. 7 Jahren beginnt der Zahnwechsel in dem Oberkieferfrontzahnbereich. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt eine Röntgenkontrolle, um den Grad an knöcherner Ausheilung zu bestimmen. Falls diese unzureichend ist, wird der Zeitpunkt für eine Knochentransplantation bestimmt.
Der Zeitpunkt richtet sich nach dem Vorhandensein des seitlichen Schneidezahnes im Fehlbildungsbereich und nach den Erfordernissen der kieferorthopädischen Mitbehandler. Für die kieferorthopädische Behandlung gilt das Gleiche wie für die Logopädie, diese kann und soll möglichst vor Ort stattfinden, um sehr lange Fahrten zu vermeiden.
Weitere operative Schritte können sein:
- Die Korrektur der inneren und äußeren Nase (Septorhinoplastik) zur Verbesserung der Nasenatmung sowie der äußeren Form.
- Die Korrektur der Bisslage (Stellung von Oberkiefer zu Unterkiefer), falls trotz kieferorthopädischer Behandlung kein hinreichender Ausgleich gelungen ist.