Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildung eines Kindes
Die normale Kopf-, Gesichts- und Halsentwicklung kann bis zur zwölften Schwangerschaftswoche jederzeit durch äußere oder innere Ursachen gestört werden.
Dann findet die Verschmelzung der gesichtsbildenden Anteile zur äußeren und inneren Nase mit Rachen sowie der Oberlippe und des Oberkiefers mit zahntragendem Fortsatz und Wange nur fehlerhaft statt.
Das Zusammenwachsen des linken und des rechten Oberkieferfortsatzes mit dem Vomer (knöcherner Anteil der Nasenscheidewand) wird gehemmt. Es bauen sich Barrieren auf. Die für die Entwicklung notwendigen Verwachsungszonen wandeln sich in Begrenzungen um. Die Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildung entsteht.
Die fehlerhaften Verwachsungszonen bei beidseitiger Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildung (LAHSHAL)
Das Zusammenwachsen des linken und des rechten Oberkieferfortsatzes mit dem Vomer (knöcherner Anteil der Nasenscheidewand) wird gehemmt. Es bauen sich Barrieren auf. Die für die Entwicklung notwendigen Verwachsungszonen wandeln sich in Begrenzungen um. Die Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildung entsteht.
Es bilden sich keine regulierenden Ventilmechanismen zwischen den nicht getrennten Mund-, Nasen- und Rachenhöhlen aus. Die Unterdruckbildung ist nicht möglich. Die Zunge verbleibt im Nasen- und Rachenraum.
Ernährung
Unterdruck in der Mundhöhle ist Grundvoraussetzung für das Stillen – ohne Unterdruck ist die Platzierung der Brustwarze im Mund und die Entleerung der Brust nicht oder nur unzureichend möglich.
Fehlender Unterdruck in der Mundhöhle, die Fehlfunktion der Muskulatur im weichen Gaumen und die offene Verbindung zwischen Mund und Nase stören das Saugen, Kauen und Schlucken. Folge der offenen Verbindung zwischen Mund und Nase ist auch das Eindringen des Speichels sowie des Speisebreies in die Nase.
Das Baby hat sofort nach der Geburt eine veränderte Atmen- und Schluckmechanik.
Atmung
Bei Vorliegen einer LKGN-Fehlbildung kann der Luftstrom nicht entsprechend den Erfordernissen in die Nasengänge geleitet werden. Durch die offene Verbindung von Mundhöhle und Nasenhöhlen ist nur eine Mundatmung möglich. Dadurch ist die Klimatisierung und Kontrolle der eingeatmeten Luft beschränkt. Die Folgen sind ein Anschwellen und Austrocknen der Nasenschleimhäute, eine Störung der Sekretzusammensetzung und die Änderung der Bakterienflora. Dadurch kann es nicht nur zu Reiz- und Entzündungserscheinungen der oberen, sondern auch der tieferen Atemwege und der Mittelohren kommen. Die offene Verbindung zwischen Nase und Mund hebt den physiologischen Unterdruck in der Mundhöhle auf. Fehlender Unterdruck in der Mundhöhle und die Mundatmung führen zu einer gestörten Atem- und Schlucktechnik.
Ästhetik
Wir alle neigen zu der Annahme, dass Schönheit von innen heraus kommt, und im besten Fall ist das auch so.
In der Realität entscheidet jedoch die Gesellschaft und stigmatisiert jene, die anders aussehen.
Die plastisch-ästhetische Behandlung orientiert sich an den Idealen unserer Gesellschaft. Sie stößt jedoch an die Grenzen der menschlichen Anatomie und an die Grenzen der Möglichkeiten der plastischen Chirurgie.
Mimik
Das Gesicht spielt als Ausdrucksorgan für Empfindungen und Gefühle eine wichtige Rolle. Eine Gesichtsfehlbildung verändert in vielfältiger Weise die Gesichtsstrukturen und führt zu einer Störung der Mimik. Angst, Freude, Zuneigung, Enttäuschung und viele andere Stimmungen sind in ihrer mimischen Darstellungsform verändert.
Hören
Bedingt durch die Fehlbildung des weichen Gaumens kann eine Störung der Belüftung des Mittelohres mit nachfolgender Flüssigkeitsansammlung entstehen, die zu einer Hörstörung führt.
Die fehlende Vereinigung von Segel-, Rachen- und Zungenringmuskulatur hat auch Auswirkungen auf die Verbindung des Nasenrachenraumes zum Mittelohr (Eustachische Röhre). Fehlender Druckausgleich im Mittelohr aufgrund unzureichender Funktion des weichen Gaumens sowie der Rachenseitenwände führt zu Druckveränderungen im Mittelohr mit sich daran anschließender Flüssigkeitsbildung im Mittelohr. Die Gehörknöchelchen können sich nicht mehr frei bewegen. Der Höreindruck wird nicht mehr frei weitergeleitet. Diese Schallleitungsstörung wird zur Schallleitungsschwerhörigkeit. Die daraus resultierenden Hörverluste führen zu einer Hörbahn-Reifungsstörung. Diese beeinträchtigt die Sprech- und Sprachentwicklung des Kindes.
Sprache
Eine Störung des Hörvermögens im Säuglings- und Kleinkindalter führt zu einer gestörten Sprachentwicklung. Die Fehlbildung selbst kann zu einer übermäßigen Nasalität des Sprechklanges und zusätzlich zu einer fehlerhaften Lautbildung führen.
Zusammengenommen kann die Fehlbildung zu einer Hör-, Sprach- und Kommunikationsstörung führen.
Damit Atmen, Schlucken, Hören und Sprechen richtig funktionieren, braucht es ein fein aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken aller beteiligten Strukturen. Dies betrifft die knöchernen Bereiche, die bedeckende durchgehende Knorpel- und Knochenhaut sowie die vereinigte Ringmuskulatur im Mund-, Nasen- und Rachenraum.
Bei einem Baby mit einer LKGN-Fehlbildung ist dieser Aufbau gestört, das heißt die beteiligten Strukturen sind vom Anfang der Entwicklung und des Wachstums an weder normal ausgebildet, noch funktionierten sie auch nur eine Sekunde normal.
Therapie
Möglichst bald nach der Geburt erfolgt bei Kindern mit einer offenen Gaumenfehlbildung die Eingliederung einer Kunststoffplatte zur provisorischen Trennung der Mund- und Nasenhöhlen (Mund-Nasen-Trennplatte). Die Zunge wird aus der Nasenhöhle in die Mundhöhle verdrängt. Das Zungenbewegungsmuster wird durch die Verlagerung der Zunge in die Mundhöhle verbessert, Mundschluss und Ernährung werden erleichtert, die Nasenatmung wird möglich. Die Stellung der Kiefersegmente wird harmonisiert.
Der Erstkontakt mit unseren Logopäden findet in den ersten Lebenswochen statt. Hierbei wird der junge Säugling beim Atmen und bei der Nahrungsaufnahme beobachtet. Es erfolgt eine Beratung bezüglich einer günstigen Ausgangsposition beim Füttern und geeigneter Hilfsmittel für die Nahrungsaufnahme. Auch werden motorische Übungen (z.B. nach dem Castillo Morales®-Konzept) für Zunge, Mund und Gesicht durchgeführt bzw. vermittelt.
Ab dem 2. Lebensjahr zeigen unsere Logopäden den Eltern Möglichkeiten der alltagsnahen Sprachförderung. Die beginnende Hör- und Sprachentwicklung des Kindes wird sorgfältig beobachtet und unterstützend begleitet.
Gegebenenfalls wird ab dem 3. Lebensjahr eine engmaschigere logopädische Therapie begonnen. Diese berücksichtigt die verschiedenen Wahrnehmungsbereiche, die Sprachverarbeitung und die sprachliche Ausdrucksfähigkeit (aktiver Wortschatz, Satzbau, Artikulation) des Kindes. Wesentliche Elemente sind auch die Gaumensegelaktivierung zur Normalisierung des Stimmklanges sowie differenzierte mundmotorische Übungen.
Chirurgische Erstbehandlung
Ziel der chirurgischen Therapie ist es, dem Kind eine weitestgehend regelrechte Entwicklung und Reifung zu ermöglichen. Die Zeitpunkte und die Reihenfolge der einzelnen operativen Schritte folgen der Einsicht, dass der restlochfreie Verschluss, der für die Schluck- und Sprachfunktionen entscheidenden, im Mund und in der Nase gelegenen fehlgebildeten Strukturen (zeitlich) Vorrang hat vor der Bildung der vor allem ästhetisch bedeutsamen Lippen- und Naseneinheit. Die Therapie folgt auch der alten chirurgischen Lehrmeinung der Rekonstruktion von innen nach außen. Dieses Vorgehen unterscheidet unser „morpho-physio-logisches Behandlungskonzept“ von allen darüber hinaus in der Literatur angegebenen Vorgehensweisen.
Zeitpunkte
Die Bildung des zahntragenden Fortsatzes, des harten und weichen Gaumens sowie der darüber gelegenen Nasengänge erfolgt ab dem 6. Lebensmonat. Die Bildung der Lippe sowie der äußeren Nase erfolgt ca. 10 Wochen später.
Bei Vorliegen einer Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr werden Belüftungsröhrchen in die Trommelfelle eingelegt.
Das Ziel der chirurgischen Behandlung ist die Bildung von zwei voneinander getrennten Nasengängen. Im weiteren eine Mundhöhle, die von den Nasenhaupthöhlen getrennt ist.
- Ein Gaumensegel soll entstehen, das als Ventil den Nasenrachen vom Mundrachen trennen kann. Das knöcherne Gerüst des Oberkiefers als feste trennende Schicht zwischen Nase und Mund soll entstehen.
- Im Bereich des zahntragenden Fortsatzes des Oberkiefers soll eine knöcherne Schichtstärke in allen drei Dimensionen entstehen, die das Hineinwachsen von Zähnen oder das kieferorthopädische Eingliedern von Zähnen in den Fehlbildungsbereich ermöglicht.
- Zwischen zahntragendem Fortsatz des Oberkiefers und der Oberlippe muss ein Freiraum, der Mundvorhof, entstehen, der eine freie Beweglichkeit der Oberlippe ermöglicht.
- Die Oberlippe selbst soll beweglich und ästhetisch ansprechend sein wie auch die äußere Nase.
Die Beeinträchtigungen, die das Baby durch die Fehlbildung hat, wirken wenigstens so lange, bis weitestgehend normale Formen und Funktionen durch strukturgerechte und restlochfreie chirurgische Nachbildung erreicht sind.
Dies spricht für einen frühen Operationszeitpunkt.
Lange Jahre – und auch heute noch – werden der richtige Zeitpunkt der und die Kombination der zusammenfassbaren Fehlbildungsabschnitte in einer Operation unter den Experten heftig diskutiert. Strittig ist immer noch, ob der frühe Verschluss von knöchernen Bereichen im Mittelgesicht Wachstumsstörungen und Wachstumshemmungen auslöst.
Die Wachstumshemmung des fehlgebildeten Oberkiefers beginnt allerdings bereits im zweiten bis dritten Schwangerschaftsmonat und festigt sich zunehmend.
Streng genommen kommt deshalb jede Operation nach der Geburt grundsätzlich zu spät.
Nur das Zusammenspiel der Muskulatur in den Mund-, Nasen- und Rachenräumen und ihrer Reaktion auf die Wechseldruckregulation – unter Einfluss des atmosphärischen Druckes und des von ihnen durch Mund-, Nasen-, Rachen-, Lungen-/Brustkorbhöhlen aufgebauten Gegendrucks – schafft die Bedingungen, die das Knochen- und Weichteilwachstum sowie die Gestaltung der notwendigen Hohlräume anregt.
Die Eingriffe müssen deshalb den frühkindlichen Entwicklungsstufen angepasst werden. Nur so kann verhindert werden, dass eine unumkehrbare Festigung der fehlerhaften Strukturen und damit auch der frühkindlichen Fähigkeiten von Wahrnehmung und Erlernen eintritt (Neuroplastizität). Andere Therapien wie zum Beispiel die Logopädie, haben dann gegebenenfalls nur noch begrenzten Erfolg.
Eine im Rahmen des ersten Lebensjahres liegende operative Behandlung erleichtert die Sprach- und Sprechentwicklung. Sie trägt auch zur Verbesserung des Selbstwertgefühls bei.
Zu berücksichtigen ist die allgemeine Erkenntnis, dass das Narkoserisiko im ersten Lebenshalbjahr höher als zu einen späteren Zeitpunkt, ist. Das heißt, der OP-Zeitpunkt ist auch immer ein Kompromiss.
Zeitpunkte
Die Bildung des zahntragenden Fortsatzes, des harten und weichen Gaumens sowie der darüber gelegenen Nasengänge erfolgt ab dem 6. Lebensmonat. Die Bildung der Lippe sowie der äußeren Nase erfolgt ca. 10 Wochen später.
Bei Vorliegen einer Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr werden Belüftungsröhrchen in die Trommelfelle eingelegt.
Funktionale Gesundheit
Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) führte den Begriff funktionale Gesundheit im Rahmen der ICF (ICF = international classification of functioning, disability and health) ein.
Ein Mensch ist funktional gesund:
- wenn seine körperliche Beschaffenheit (Strukturen) und seine körperlichen und psychischen Fähigkeiten (Funktionen) allgemein unbeeinträchtigt sind.
- wenn er all das tun kann (Aktivitäten), was ein Mensch ohne Gesundheitsprobleme normalerweise tun kann.
- wenn er sich in allen Lebensbereichen (Teilhabe) frei entfalten kann, wie es von einem Menschen ohne Beeinträchtigungen erwartet wird.
- Jede Beeinträchtigung der funktionalen Gesundheit wird „Behinderung“ genannt.
Was bedeutet die funktionale Gesundheit für Menschen mit Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildungen?
Wendet man diese Richtschnur auf Menschen mit Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildungen (LGKN-Fehlbildungen) an, muss alles getan werden, um einen Zustand zu schaffen, der es dem Kind so früh wie möglich erlaubt, in vollem Umfang am Leben teilzunehmen.
Es ist schwer einzusehen, dass weit über das Kleinkindalter hinaus Restspalten, Restlöcher oder unter der Schleimhaut verborgene Kiefer- und Gaumenfehlbildungen übersehen, gebilligt oder verharmlost werden. Die Beeinträchtigungen behindern die uneingeschränkte Teilhabe, wie es die ICF formuliert und wie es unsere Sozialgesetzgebung vorsieht.
Das „bio-psychosoziale Modell“
Hier werden Krankheit und Behinderung nicht mehr als etwas beschrieben, was ein Mensch hat, sondern auf einer biologischen, psychologischen und sozialen Grundlage als das Ergebnis einer Wechselwirkung verstanden, die zwischen den Menschen, seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und seiner gesamten Lebenssituation stattfindet.
Unter Lebenssituation versteht man Angaben zur Person wie Alter, Geschlecht, Bildung, Motivation usw., wie auch Angaben zum Umfeld wie Wohnsituation, finanzielle Situation, Bedingungen des Gesundheitssystems und anders mehr.
Diese Aspekte der Lebenssituation können Barrieren darstellen oder Fördercharakter haben. Das bio-psychosoziale Modell zielt darauf hin, die Probleme besser zu verstehen, Barrieren abzubauen und Fördermaßnahmen zu ergreifen.
LKGN-Fehlbildungen und ihre Folgen sind so gravierend, dass der Gesetzgeber sie anerkennt.
Er billigt den Betroffenen einen Grad der Behinderung zu, der in Abhängigkeit einer erfolgreichen Behandlung wieder reduziert wird.
Bei Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildungen sowie bei kompletten Gaumen- und Segelfehlbildungen sieht das Schwerbehindertengesetz außerdem einen Nachteilsausgleich „H“ (gleichbedeutend mit Hilflosigkeit) vor. In ihm werden Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme (gestörte Atmung, Gefahr des Verschluckens), beim Reinigen der Mundhöhle und des Nasen-Rachenraumes, beim Spracherwerb sowie bei der Überwachung beim Spielen gesondert berücksichtigt.
- Lippenspalte GdB 30-50
- Lippen-Kieferspalte GdB 60-70
- Lippen-Kiefer-Gaumen-Segelspalte GdB 100 plus „H“
- Gaumen- und Segelspalte GdB 100 plus „H“
Betroffene bzw. die gesetzlichen Vertreter können beim zuständigen Versorgungsamt einen Antrag auf die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) stellen. Je nach Grad der Behinderung bedeutet dies einen Steuerfreibetrag.
Pflegegrad
Aus gleichen Gründen können Eltern für ihr Kind einen Pflegegrad beantragen.
Die Broschüren wenden sich an Schwangere und Paare nach einem auffälligen Befund in der Pränataldiagnostik. Das Gesetz sieht vor, dass Ärztinnen und Ärzte der Schwangeren bei einem auffälligen Befund im Rahmen ihrer Beratung diese Broschüre aushändigen (§ 1 Abs. 1a und § 2a SchKG).
Broschüre "Besondere Umstände. Informationsmaterial für Schwangere nach einem auffälligen Befund in der Pränataldiagnostik" zur Aushändigung an Schwangere nach § 2a Abs. 1 SchKG für gynäkologische Fachkräfte
Bestellnummer: 13450002 - Quelle BzGA
Broschüre "Pränataldiagnostik - Beratung, Methoden und Hilfen"Schwangerschaft und Geburt bedeuten eine Zeit intensiver Fragen und Informationssuche. Die Schwangerschaftsvorsorge hilft den Schwangeren, Ratschläge für einen guten Schwangerschaftsverlauf zu erhalten. Im Rahmen dieser Vorsorge bieten die betreuenden Ärztinnen und Ärzte den schwangeren Frauen die Pränataldiagnostik - kurz PND - an. Die Pränataldiagnostik - spezielle vorgeburtliche Untersuchungen - eröffnet Möglichkeiten während der Schwangerschaft, gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Behinderungen festzustellen. Genau dazu hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zusammen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände ein Leporello entwickelt. Dies soll als Patientinneninformation für die gynäkologische Praxis und Beratung von schwangeren Frauen dienen. Das Leporello informiert über die einzelnen Diagnoseverfahren und weist auf Möglichkeiten hin, wo schwangere Frauen und ihre Partner Unterstützung finden und sich beraten lassen können. Das Leporello kann direkt im Beratungsgespräch mit der Schwangeren eingesetzt oder ihr zur weiteren Information mitgegeben werden. Es soll schwangere Frauen und ihre Partner dabei unterstützen, eine informierte Entscheidung zu treffen.
Bestellnummer: 13625100 – Quelle BzGA
Fragen zur Versorgung des Kindes
Da bei den meisten Kindern mit einer Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildung eine deutliche Öffnung von Mund zu Nase vorliegt und damit insbesondere Speisen leicht in die Nase eindringen können, eine gemischte Mund-Nasen-Atmung sowie eine fehlende Unterdruckbildung in der Mundhöhle vorliegt, ist die Anfertigung einer Mund-Nasen-Trennplatte sinnvoll. Unser regional ansässiger Partner www.flemming-dental.de/labor-siegen/ stellt diese in kurzer Zeit fachgerecht her. Sie verbessert die Platzierung der Zunge im Gaumengewölbe und kann das Schluckmuster verbessern.
Die Mund-Nasen-Trennplatte trennt temporär und provisorisch die Mundhöhle von der Nasenhöhle. Die Ernährung wird erleichtert.
Über die Trennung von Mund und Nase hinweg, gelingt es regelmäßig bis zur ersten Operation den Zahnbogen den Zahnbogen auszuformen beziehungsweise die Kiefersegmente aufeinander zuzubewegen. Die chirurgisch zu überbrückende Distanz wird auf diese Weise deutlich kleiner (siehe Bilder).
Die Mund-Nasen-Trennplatte sollte dabei nicht stören, sie sollte die Nasenatmung nicht beeinträchtigen und muss regelmäßig auf reizlose Passung kontrolliert werden. Kontrollen diesbezüglich sollten alle 6 bis 8 Wochen stattfinden.
Ab dem 1. Lebenstag ist es möglich, soweit notwendig, eine Mund-Nasen-Trennplatte einzugliedern. Hierfür ist ein Abdruck vom Oberkiefer notwendig, damit über ein Gipsmodell die kleine Kunststoffplatte angefertigt werden kann. Erfolgt der Abdruck im Laufe des früheren Vormittages, ist bis zum Nachmittag die Herstellung erfolgt und die Platte kann am selben Tag eingegliedert werden.
Da die Mund-Nasen-Trennplatte sich nicht an das Gaumengewölbe ansaugen kann, ist der Halt der Mund-Nasen-Trennplatte mit etwas handelsüblicher Haftcreme verbesserbar. Einmal täglich sollte die Platte aus dem Mund herausgenommen und gründlichst gereinigt werden. Ebenso ist einmal am Tag die gründliche Reinigung der Mundhöhle notwendig.
Wenn die Notwendigkeit zur Anfertigung einer Mund-Nasen-Trennplatte besteht, erfolgt die Versorgung des Kindes mit einer Mund-Nasen-Trennplatte bis zur 1. Operation, die etwa mit dem 6. Lebensmonat erfolgt. In diesem Zeitraum sind meist 2 bis 3 Mund-Nasen-Trennplatten erforderlich.
Bei Vorliegen von Mittelohrergüssen wird die Einlage der Paukenröhrchen im Rahmen der geplanten Narkosen zur Durchführung der operativen Maßnahmen mit durchgeführt.
Unser Ziel ist es, Ihr Kind weitestgehend altersentsprechend zu ernähren. Je nach Ausprägung der Fehlbildung können Sie Ihr Kind stillen und zusätzlich mit der Flasche füttern. Es kann auf jeden Fall abgepumpte Muttermilch gefüttert werden. Zur Nahrungsaufnahme stehen einige spezielle Hilfsmittel zur Verfügung (siehe oben). Postoperativ ist oftmals Löffelkost leichter zu füttern.
Kinder, die eine Fehlbildung des harten und weichen Gaumens sowie des Nasenbodens haben, werden planmäßig ab dem 6. bis 7. Lebensmonat operiert.
Bei Kindern, die ausschließlich eine Lippen- und Nasenfehlbildung haben, erfolgt die operative Korrektur ab dem 5. Lebensmonat.
Bei Vorliegen einer Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Nasenfehlbildung erfolgt zunächst die Korrektur des weichen Gaumens, des harten Gaumens, des Nasenbodens sowie des zahntragenden Fortsatzes im Alter von 6 bis 7 Monaten.
Die Korrektur der Lippe sowie der äußeren Nase erfolgt dann ca. 8 bis 10 Wochen später.
Es erfolgen ca. 160 Operationen pro Jahr durch einen Operateur.
Es besteht ein erhöhtes Narkoserisiko für das Kind im 1. Lebenshalbjahr, aufgrund einer Unreife des Atemtraktes sowie des Kreislauf- und Stoffwechselsystems. Aus der Fachliteratur ist jedoch kein operativer Vorteil für die Entwicklung des in der Neugeborenenperiode operierten Kindes herauszufinden. Aus diesen Gründen starten wir die Operationen in aller Regel mit dem Beginn des 2. Lebenshalbjahres.
Fragen rund um die Operationen
Die stationäre Aufnahme erfolgt planmäßig einen Tag vor der OP. Zunächst wird das Kind kinderärztlich untersucht, der Gesundheitszustand wird erfasst und eine Blutentnahme erfolgt. Bei der Blutentnahme wird üblicherweise durch einen Fingerpiks ein sogenanntes „kapilläres Blutbild“ erstellt.
Anschließend beziehen Sie das Krankenzimmer auf der für Sie zuständigen Station und bekommen den stationären Ablauf erklärt. Im weiteren Verlauf des Tages erfolgen die Untersuchungen und Aufklärungsgespräche durch die Ärzte der Narkoseabteilung sowie durch Dr. Koch, den Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen.
Tags danach erfolgt nach eingehaltener Nüchternzeit vor OP der operative Eingriff. Dieser dauert je nach Ausgangsbefund zwischen 2 ½ und 4 Stunden. Nach der Operation wird das Kind zunächst im Aufwachraum überwacht. Wenn eine Operation am Gaumen stattgefunden hat, erfolgt die weitere Überwachung für eine Nacht auf der Intensivstation. Wenn eine Operation lediglich im Bereich der Lippe, der Nase oder des zahntragenden Fortsatzes stattgefunden hat, wird das Kind aus dem Aufwachraum direkt auf die Normalstation verlegt.
Es erfolgt initial eine Schmerz-Therapie parallel über die Vene sowie mittels Zäpfchen oder Schmerzsaft. Ebenso erfolgt eine Antibiotikum-Therapie über die Dauer des stationären Aufenthaltes.
Die Ernährung erfolgt in aller Regel mittels flüssig-breiiger Kost. Nach erfolgter primärer Gaumenoperation erleichtern wir die Ernährung mit einer Magensonde, die planmäßig für die Dauer von 24 Stunden gelegt ist. Die Magensonde kann darüber hinaus bei Bedarf belassen werden. Das Füttern sollte saugfrei erfolgen. Dies gelingt für gewöhnlich gut mit dem SpecialNeeds Sauger der Firma Medela, einem SoftCup, einem FingerFeeder, über einen Flexy-Löffel oder einfach einen kleinen Becher. Wurde das Kind bis vor OP gestillt, so ist dies auch nach Operation erlaubt.
In der ersten Zeit nach Operation kann man die Erholungsphase durch das Verabreichen von abschwellenden Nasentropfen und einer hinreichenden Schmerzmedikation erleichtern. Wird der Oberkörper hochgelagert, kommt es zu einer besseren Abschwellung des Wundgebietes, dies wirkt sich wiederum positiv auf das Befinden aus. Das Kind sollte in der ersten Zeit möglichst nicht mit einem Schnuller beruhigt werden. Ausnahmen von dieser Regel sind nach Rücksprache möglich.
Der stationäre Aufenthalt dauert jeweils ca. 7 bis 8 Tage.
Die Entlassung aus dem stationären Aufenthalt erfolgt, nachdem eine eingebrachte Verbandplatte oder das Nahtmaterial aus dem Lippenweiß entfernt worden sind.
Eine erste nachstationäre Kontrolle findet nach ca. 10 bis 14 Tagen statt. Bis dahin ist weiterhin besonderes Augenmerk auf eine vorsichtige Ernährung zu legen.
Für gewöhnlich ist das Kind mit Mutter oder Vater in einem sogenannten "Rooming-in-Zimmer" untergebracht. Diese Zimmer sind eingerichtet mit einer Wickelkommode, WC und Dusche. In den Zimmern sind Windeln, Feuchttücher, Handtücher, Lätzchen, Waschlappen und Pampers vorhanden. Im Eltern-Aufenthaltsraum befinden sich weiterhin eine kleine Küchenzeile mit Mikrowelle und Wasserkocher und allem anderen, was dazu gehört, inklusive von Kinderhochstühlen.
Die Unterbringung von LKGN-Patienten erfolgt in der Regel auf Station 2 in Elternteil-Kind-Zimmern – für gewöhnlich allein, ein zweites Elternteil kann gerne nach Abstimmung zu Besuch kommen.
Auf der Station hat sich über die Jahre eine hohe pflegerische Kompetenz zur Versorgung von LKGN-Patienten entwickelt.
Eltern erhalten ihre Verpflegung mittels Essensmarken im Bistro Max, welches im Eingangsbereich der Kinderklinik liegt.
WLAN gibt es ebenfalls im Bistro Max, hier halten wir zudem ein großes Angebot an Speisen und Getränken sowie Zeitschriften und Büchern vor.
Auf Station sind SpecialNeeds Sauger, SoftCup Sauger, Flexy-Löffel, FingerFeeder sowie Fläschchen erhältlich. Darüber hinaus gibt es Flaschenwärmer und einen Vaporisator sowie auch Milchpumpen.
Für den stationären Aufenthalt ist als Kleidung für Ihr Kind alles das sinnvoll, was nicht unbedingt über den Kopf an- und ausgezogen werden muss, besser sind Wickelbodys oder Bodys mit Knopfleisten. Als Spielzeug sollten nur "weiche" Spielsachen mitgebracht werden.
Nein. Genauso wie der Operateur seiner Arbeit nachkommen möchte, ohne sich während der Operation um die Eltern kümmern zu müssen, möchte dies der Narkosearzt auch. Außerdem sind die durchzuführenden Operationen Eingriffe, die im hygienisch besonders gekennzeichneten, sogenannten "aseptischen OP-Trakt" durchgeführt werden. Dort haben nichtmedizinisches Personal oder auch Eltern keinen Zutritt, da ein entsprechend geschultes Verhalten gefordert wird. Dies gilt auch für die Aufwachphase nach der Operation, wenn diese im Aufwachraum, der dem OP-Trakt zugehörig ist, stattfindet.
Nach langen Operationen oder auch Operationen, die die Atemwege betreffen, werden Säuglinge auf der Intensivstation für eine Nacht überwacht. Sie sind dann nicht im Aufwachraum. Auf der Intensivstation können die Eltern, unmittelbar nach der Verlegung des Kindes aus dem OP-Trakt, zu ihrem Kind. Dieses sind Maßnahmen, die im Sinne der postoperativen/postnarkotischen Sicherheit für das Kind sind. Da die DRK-Kinderklinik, in der die Behandlung stattfindet, die säuglingsgerechten Möglichkeiten der Kinder-Intensivmedizin vorhält, nutzen wir diese nicht selbstverständlichen Möglichkeiten zur größtmöglichen Sicherheit des Kindes aus.